Unsere viertägige Studienreise führte uns im Spätsommer nach Sachsen-Anhalt, in die Städte: Quedlinburg, Dessau, Wittenberg und Naumburg.
Die Altstadt Quedlinburgs mit etwa 2000 – seit der Wende überwiegend hervorragend restaurierten – Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten, den verwinkelten Gassen, vielen Cafés und kleinen Läden begeisterte uns alle.
Wittenberg bot viel Kultur, wir wandelten – allerdings auf schwer begehbarem Kopfsteinpflaster – auf den Spuren Luthers, Cranachs und Melanchthons.
Marktplatz Wittenberg
Dessau, ursprünglich eine Residenzstadt, wurde unter Fürst Leopold III Friedrich Franz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Aufklärung in Deutschland. Es entstanden zahlreiche klassizistische Bauten und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Dessau durch viele Firmenneugründungen zu einer Stadt des Maschinen- und Fahrzeugbaus und der Lebensmittelindustrie. Bekannt sind vor allem die Junkers Flugzeugwerke ab 1915 mit der legendären „Tante Ju“. Negativ belastet war die Dessauer Zuckerraffinerie als Haupthersteller von Zyklon B, das im 2. Weltkrieg zum Massenmord eingesetzt wurde.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Dessau zu achtzig Prozent zerstört und nach dem Krieg in funktionaler Plattenbauweise wieder aufgebaut. Einige wertvolle Gebäude sind erhalten geblieben, wie das historische Arbeitsamt von Walter Gropius aus dem Jahr 1929 und das wiederhergestellte Schloss, das heute das Museum für Stadtgeschichte beherbergt.
Hinter dem alten Bahnhof Dessau-Wörlitz befindet sich das Umweltbundesamt. Es ist in der Form einer vierstöckigen Schlange gebaut, 460 Meter lang, 11,20 m breit. Die Fassade imponiert mit farbig bedruckten Glasflächen in 33 Farbtönen, kombiniert mit Lärchenholzschalung. Sensationell und riesig ist der Innenhof, vollständig mit Glas überdacht und bepflanzt mit Bäumen. 900 Mitarbeiter haben hier einen wunderbaren Arbeitsplatz.
Bundesumweltamt außen
In Dessau ist der Besuch des Bauhauses obligatorisch. Das berühmte Bauhausgebäude entstand 1925 bis 1926 nach Plänen von Walter Gropius als Schulgebäude für die Kunst-, Design- und Architekturschule Bauhaus. Die Architektur ist zeitlos modern. Hier fand die aus Weimar vertriebene Hochschule für Gestaltung eine neue Wirkungsstätte. Die Schule existierte nur 14 Jahre, wurde von etwa 1300 Schülern besucht und durch große Künstler geprägt. Die Arbeiten von Paul Klee, Wassily Kandinsky, Marcel Breuer, Mies van der Rohe und vieler anderer sind zu einem selbstverständlichen Bestandteil unserer Kultur geworden. Der Einsatz neuartiger Werkstoffe und Technologien (Stein – Holz – Metall – Gewebe – Farbe – Glas – Ton) in den Werkstätten des Bauhauses eröffnete in der Entwicklung von Alltagsgegenständen oftmals revolutionäre Perspektiven in der Gestaltung von Gebrauchsgegenständen aller Art, von der Lampe bis zur Architektur. Der Designgrundsatz lautete: Form folgt Funktion.
Bei einer Führung durch das Bauhausgebäude beeindruckten uns die klaren Formen und die vielen durchdachten technischen Raffinessen, beispielsweise die Schließmechanismen der Fenster oder die überraschend bequemen Stühle aus Präzisionsstahl in der Aula von Marcel Breuer, der als Erfinder des modernen Stahlrohrmöbels gilt.
Arbeitszimmer Walter Gropius
1932 gab es von der NSDAP Pläne für den Abriss des Bauhauses, glücklicherweise wurden sie nicht verwirklicht. Allerdings wurden die Glasfassaden zugemauert. In dem Gebäude waren später eine Gauamtsleiterschule und eine Frauenfachschule für Hauswirtschaft untergebracht. Mitte der 1960er Jahre besann man sich des kulturellen Erbes, 1976 gab es eine erste Rekonstruktion, zwischen 1996 und 2006 fand eine erneute Restaurierung und Instandsetzung statt.
Im unweit gelegenen Wörlitzer Park, der wie Quedlinburg zum UNESCO Weltkulturerbe gehört, besichtigten wir das Schloss und ließen bei einer anschließenden Gondelfahrt über den Wörlitzer See und durch die romantischen Kanäle die Seele baumeln.
Auf der Rückfahrt legten wir für die Besichtigung des Naumburger Doms und der Stadt einen Zwischenstopp ein.
Text und Fotos: © Ursula Michalke