Unsere Studienfahrt führte uns im Mai 2019 in den Norden Deutschlands. Die lange Fahrt wurde von einem Aufenthalt in zwei reizvollen Städten – auf dem Hinweg Hildesheim, auf dem Rückweg Hann.Münden – unterbrochen.
Die Freie und Hansestadt Hamburg empfing uns mit viel Sonnenschein. Mit unserem sehr versierten Führer lernten wir vieles abseits des üblichen Touristenprogramms kennen.
Im Kontorhausviertel ist das von Fritz Höger von 1922-1924 erbaute Chilehaus – seit 2015 UNESCO-Weltkulturerbe – eine architektonische Glanzleistung und war beispielgebend für den Backsteinexpressionismus. Das Bauwerk fällt durch seine schiffsbugartig zulaufende Spitze auf. Die Klinkersteine der Fassade wurden geschickt gedreht, sodass eine verblüffende Perspektive entstand.
Chilehaus
Gegenüber befindet das neunstöckige Kontorhaus Sprinkenhof von 1927. Ein rautenförmiges Klinkermuster mit regelmäßigen Ornamenten mit Symbolen von Handel und Handwerk betont die Fassade. Beeindruckend auch die Wendeltreppe im Gebäude.
Das Wahrzeichen Hamburgs ist die barocke St. Michaelis Kirche. Ursprünglich stammte sie aus dem Jahr 1669, wurde zweimal durch Brand zerstört, jedoch immer wieder aufgebaut, zuletzt 1912. Am 132m hohen Turm befindet sich die größte Turmuhr Deutschlands.
Direkt unterhalb des „Michels“ sind die Krameramtsstuben, ehemals als Wohnungen für Witwen genutzt. Die errichteten Fachwerkhäuser bilden die letzte geschlossene Hofbebauung des 17. Jahrhunderts. Heute gibt es hier kleine Läden und Galerien, eine erhaltene Wohnung dient als Museum.
Über die Reeperbahn, die sündigste Meile der Welt, führen wir nach Altona, früher eine selbstständige Stadt unter dänischer Regierung mit einem imposanten Rathaus im Neoklassizismus. Danach erreichten wir den ältesten deutschen Museumshafen – Oevelgönne – an der Norderelbe, Liegeplatz für Museums- und Traditionsschiffe und historische Boote.
Speicherstadt Hamburg
Bei einer Hafenrundfahrt ging es zunächst durch die Speicherstadt, einer der weltweit größten zusammenhängenden Hafenspeicherhauskomplexe. Erbaut wurden die 15 großen, auf Eichenpfählen stehenden Lagerhäuser zwischen 1885 und 1927 auf einer sich über 1,1 km erstreckenden Ansammlung schmaler Inseln in der Elbe. Die roten Backsteinbauten, im Stil des Historismus designt, wiesen für ihre Zeit fortschrittliche technische Vorrichtungen auf.
Direkt in der Nachbarschaft befindet sich Hamburgs modernster Stadtteil, die Hafencity, mit seiner zukunftsweisenden Architektur.
Elbphilharmonie
Hier steht auch Hamburgs neues Wahrzeichen, die Elbphilharmonie. Das Konzerthaus wurde auf dem Sockel des alten Kaispeichers errichtet. Die spektakuläre Glasfassade mit einer Höhe von 110 m schwingt sich wie eine Welle auf. Je nach Lichteinfall ergeben sich an der Außenfassade großartige Lichtreflexe. Der Aufgang mit der Rolltreppe ist eindrucksvoll und der weite Blick von der Plaza gigantisch. Kern des Hauses ist der Große Saal mit 2100 Plätzen, daneben gibt es den Kleinen Saal, Studios, ein Hotel, Wohnungen und Restaurants. Für die akustische Perfektion wurde der renommierte Akustiker Yasuhisa Toyota engagiert und ein großer Aufwand betrieben. Die Fertigstellung verzögerte sich mehrmals, die Baukosten stiegen von geplanten 77 Mio auf 886 Mio €.
Im Hafengelände sahen wir unzählige Container, Hamburg ist der drittgrößte Containerhafen in Europa. Um 1900 gab es in Hamburg acht große Werften, seit Mitte der 1980er Jahre ist Blohm + Voss die letzte Großwerft.
Ein Tagesausflug führte uns in das Alte Land, das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet Nordeuropas, direkt vor den Toren Hamburgs. Die Fahrt über die Köhlbrandbrücke bot uns einen großartigen Blick auf die Elbe und den Hafen. In Finkenwerder kamen wir am Montagewerk des Flugzeugherstellers Airbus vorbei, wo in riesigen Hallen hochmoderne Passagierflugzeuge entstehen.
Obstbäume soweit das Auge reicht, dazwischen Deiche, Gräben, Flüsschen, Kanäle und Dörfer mit prächtigen Fachwerkhäusern – so präsentierte sich uns das Alte Land. Dazu herrlicher Sonnenschein, der alles zum Leuchten brachte.
Einmalig sind die alten Fachwerkhäuser mit ihrem wunderschönen Buntmauer-Fachwerk und den Giebelzierden. Das Besondere an dieser Baukunst ist, dass der Wandverband in gleichmäßige Vierecke aufgeteilt ist und jedes einzelne Fach anders ausgestaltet ist. Hierdurch wird jede Hauswand zu einem einzigartigen und unverwechselbaren Kunstwerk.
Hansehafen Stade
In Stade lohnt sich ein längerer Aufenthalt. Mittelpunkt der über 1000-jährigen Altstadt ist der in seiner alten Form erhaltene Hansehafen. Rund um das Hafenbecken befinden sich einladende Cafés direkt am Wasser.
Hamburg ist eine Stadt voller Gegensätze. Auf der einen Seite der bunte und zugleich ärmste Stadtteil St. Pauli. Auf der anderen Seite das reiche Blankenese mit seinen unzähligen Villen und romantisch schönen Ausblicken vom Elbhang und den darunter liegenden Elbstränden. Nicht minder spektakulär war die Fahrt an der Außenalster entlang, dort reihte sich eine herrschaftliche Villa an die andere, dazwischen viele Neubauten, die aber harmonisch eingefügt waren. In den großen Vorgärten blühte der Rhododendron in allen Farben.
Immer wieder beeindruckten uns die vielen imposanten klassischen Bauwerke, die Hafensilhouette mit den kleinen und auch riesigen Schiffen, Kränen und neuen markanten Gebäuden und – weithin sichtbar – die Elbphilharmonie. Resümee: Es war eine wunderschöne, erlebnisreiche Reise!
Text und Fotos: © Ursula Michalke